E-Zigaretten haben einen zweifelhaften Ruf. Zu Recht oder zu Unrecht, damit haben sich mittlerweile Forscher eingehender auseinandergesetzt. Denn um Chancen und Gefahren von E-Zigarette und Co. einzuschätzen, braucht es eine wissenschaftliche Grundlage.
Eine große Schwierigkeit der sogenannten "E-Dampfprodukte" ist die vorherrschende Unsicherheit. Befürworter halten sie für weniger schädlich als herkömmliche Verbrennungs-Zigaretten. Kritiker bemängeln fehlende Langzeitstudien und zweifeln die Sicherheit der Inhaltsstoffe an. Letzten Endes braucht es aber Fakten. Prof. Dr. Heino Stöver, Suchtexperte an der Frankfurter University of Applied Sciences (Frankfurt UAS) hat jetzt gemeinsam mit Kollegen einen Sammelband veröffentlicht, der als Grundlage für die weitere Entwicklung der E-Zigarette in der Gesellschaft dienen soll.
An der Fachpublikation "Die E-Zigarette: Geschichte – Gebrauch – Kontroversen" haben sich 23 Autoren beteiligt. Bei der Präsentation des Werks an der Frankfurt UAS gab Stöver mit seinen Kollegen Anna Maria Dichtl und Niels Graf einen Ausblick über die Situation in Deutschland. Gerade in der Bundesrepublik sei die Thematik heikel, da hier der Tabakkonsum besonders hoch sei. 110.000 Tabak-bedingte Tote sind jährlich zu beklagen, das entspricht 300 Menschen pro Tag.
Studien (Goniewicz et al.) belegen, dass im direkten Vergleich die Schadstoffe im Dampf von E-Zigaretten erheblich geringer sind als beim Tabakrauch herkömmlicher Zigaretten. Zu den befürchteten Langzeitwirkungen gibt es bisher noch keine Studien. Dass E-Zigaretten trotzdem schädlich sind, steht auch bei den Wissenschaftlern außer Frage. Aber die Zahlen sprechen dafür, dass Raucher weniger Schadstoffe aufnehmen und abgeben, wenn sie auf E-Dampfprodukte umsteigen. Dieses Potenzial bestätigt auch das Bundesinstitut für Risikoeinschätzung (BfR).
Unter Verbrauchern herrscht aber verständlicherweise starke Unsicherheit. Der Mangel an behördlichen Orientierungshilfen trägt daran eine Mitschuld, so die Forscher. Verbraucher sollten die Möglichkeit haben, sich genauer über die Liquide und deren Inhalte zu informieren. Dabei verweist Stöver zum Vergleich auf die Lage in Großbritannien, wo die Regierungsbehörde "Public Health England" E-Zigaretten eine weitaus geringere Schädlichkeit als bei Verbrennungs-Zigaretten zuspricht. Diese Aussage ist zwar nicht unumstritten, verfolgt aber einen klaren Zweck, erklärt Stöver.
Bestehende Möglichkeiten zur Rauchentwöhnung sind selten von Erfolg gekrönt. Nikotinpflaster, Dragees oder Kaugummis haben laut Erhebungen oft nicht die erwünschte Wirkung. "Wir können es uns nicht leisten, die E-Zigarette als Raucheralternative zu verwerfen. Es gibt keine gültigen Argumente gegen sie." Wer vom Raucher zum Dampfer wird, könnte laut Experten eher den Absprung ins Nichtraucher-Dasein schaffen, und wer es nicht schafft, würde erwiesenermaßen weniger Schadstoffe aufnehmen.
Niels Grad und Anna Maria Dichtl ergänzen, dass die Zahl der Tabakkonsumenten auf lange Sicht rückläufig ist und teilen die Auffassung, dass sich dieser Trend auch weiterhin fortsetzen wird. Davon betroffen sind auch Jugendliche unter 18 Jahre, von denen zahlreiche eine Risiko-Affinität aufweisen. Sprich: Sie haben ein erhöhtes Risiko, mit dem Rauchen anzufangen. Aber laut ihren eigenen Untersuchungen haben E-Dampfprodukte darauf keine direkte Auswirkung. Das bisherige Fazit der Forscher: Während bei Jugendlichen bei E-Zigarette und Co. der Reiz des Neuen schnell verfliegt (und damit die Suchtgefahr), stellen die Dampfprodukte für Raucher eine Alternative dar, die sich in der Zukunft durchsetzen könnte.
Steve Schmit / mp
Fotocredits: Steve Schmit / mp
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