Vilsbiburg – Weniger ist mehr – das ist jedes Jahr das Motto von vielen Aufrufen und Aktionen rund um die Fastenzeit. Dabei verzichten Menschen auf Fleisch oder aufs Auto, auf Süßigkeiten oder aufs Smartphone, auf Alkohol oder auf Plastik.
Woher kommt das? Und wie lassen sich die sieben Wochen voller Verzicht durchhalten? «Einer der größten Wünsche des Menschen ist der Wunsch nach Freiheit», erklärt Mentaltrainer
Steffen Kirchner den Trend. «Und die Fähigkeit, ohne etwas auszukommen, ist im Grunde ein Gefühl von Freiheit.»
Die Begeisterung für den Verzicht erklärt er mit der steigenden Frequenz von Alltagsreizen, die den Alltag bestimmen – vom ständig brummenden Handy über das volle Mail-Postfach bis zum nicht endenden Strom der Werbebotschaften. Dadurch fühlen sich viele Menschen fremdbestimmt. Und wer verzichtet, ist wieder selbstbestimmt. «Man will sich von äußeren Reizen abkoppeln, um wieder mit sich selbst in Kontakt zu kommen.»
Und doch erreicht nicht jeder sein Fastenziel – oder macht sich überhaupt auf den Weg. «Das Hirn mag keine Veränderungen, deshalb ist das Anfangen beim Fasten das Schwierigste», sagt Kirchner. Und selbst wenn der Start gelingt, lassen sich viele vom ersten Rückschlag gleich wieder aus der Bahn werfen. «Der wichtigste Tipp ist, nachsichtig mit sich selbst zu sein», rät Kirchner. «Es geht beim Fasten nicht ums Durchhalten, sondern ums Anfangen. Und im Zweifelsfall gibt es dann halt mehrere Anfänge.»
Für den Umgang mit Rückschlägen und Durststrecken kennt Kirchner mehrere Strategien. Erstens den Plan B – Probleme also gleich von Anfang an einzuplanen und Antworten parat zu haben. Zweitens Mitstreiter in Familie oder Freundeskreis, die mitfasten, ohne dass sie unbedingt auf das Gleiche verzichten müssen. «Das Gefühl, nicht alleine zu sein, erhöht die Motivation.»
Und drittens spielt das Fastenziel eine entscheidende Rolle: Wichtig sei eine Hin-zu-Motivation, und keine reine Weg-von-Motivation – also ein klares Bild vom gewünschten Endergebnis. «Die Frage ist: Was ist die Emotion, die ich am Ende haben will?», erklärt Kirchner. Denn beim Smartphone-Fasten gehe es ja eigentlich nicht darum, weniger am Handy zu hängen – sondern zum Beispiel darum, mehr Zeit für die Familie zu haben.
Fotocredits: Uwe Zucchi
(dpa/tmn)
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