Berlin – Trainieren mit dem Gymnastikball – das klingt nach Physiotherapie oder Schwangerschaftsgymnastik. Doch der Ball bietet weitaus mehr. Sogar ein anspruchsvolles Fitnessprogramm lässt sich damit gestalten. Trainer sprechen deshalb auch vom Fit-Ball oder Power-Ball.
«Mit dem Gymnastikball kann der ganze Körper trainiert werden: Arme, Brust, Rücken, Bauch, Beine und Gesäß», erklärt Sandra Gärttner, Fitnesstrainerin und Dozentin an der
Deutschen Hochschule für Prävention- und Gesundheitsmanagement (DHfPG). Alle wichtigen Muskelgruppen werden durch das Training abgedeckt. «Daher kommt der Ball nicht nur im Gesundheitssport, sondern auch im Fitnessbereich oft zum Einsatz.»
Core-Trainer nutzen das Gerät, um die Körpermitte zu stabilisieren und zu stärken, erklärt Sportwissenschaftler und Core-Trainer Alexander Hoheneder. Durch die Beweglichkeit des Balls ist der Körper gezwungen, die Balance zu halten. «Der Impuls, nach links oder rechts zu korrigieren, kommt aus der Körpermitte.» Übungen mit dem Ball trainieren so den gesamten Rumpf einschließlich der Schultern. Insbesondere die Rückenmuskulatur profitiert.
«Eine instabile Unterlage führt immer zum reflexartigen Anspannen von tiefliegenden Muskeln», sagt Ulrich Kuhnt. Er ist Sportwissenschaftler und Vorsitzender des
Bundesverbands deutscher Rückenschulen. «Die Tiefenmuskeln halten die Wirbelsäule.» Wer sich permanent ins Gleichgewicht bringen muss, fordert genau diese Muskeln. Weil klassische Kraftübungen durch den Ball erschwert werden, ist er auch bei Leistungssportlern ein beliebtes Trainingsgerät.
Doch der Ball kann das Training auch erleichtern: Im Sitzen werden zum Beispiel die Beine entlastet. Gärrtner empfiehlt ihn als Trainingsgerät deshalb auch für Einsteiger, Menschen mit Rückenproblemen und Schwangere. In sein eigenes Training kann man einzelne Übungen auf dem Ball einbauen. Aber auch ein ganzes Workout lässt sich damit gestalten. Anfänger starten am besten mit einer Einheit von 30 Minuten, Fortgeschrittene können die Dauer auf 60 Minuten erhöhen. Ältere Menschen oder Trainierende mit Gleichgewichtsstörungen lehnen den Ball am besten erstmal an eine Wand oder benutzen eine Ballschale, um das Wegrollen zu verhindern. Man kann sich auch von einem Trainingspartner unterstützen lassen.
Außerhalb des Trainings kommen Gymnastikbälle auch in Büros zum Einsatz. Wer bei der Arbeit viel sitzt, kann zwischendurch immer mal vom Stuhl auf den Ball umziehen und darauf wippen. «Diese Bewegung ist für den ganzen Körper gut. Die Organe werden bewegt, die Durchblutung gefördert und das Gehirn angeregt», sagt Kuhnt. Als Alternative zum Bürostuhl taugt der Gymnastikball allerdings nur zeitweise. Länger als eine Stunde sollte man nicht darauf sitzen, um die Muskeln nicht zu überlasten.
Wer sich einen Gymnastikball anschaffen möchte, sollte auf die richtige Größe achten. Personen, die bis zu 1,70 Meter groß sind, benötigen etwa einen Durchmesser von 65 Zentimetern. Größere Menschen wählen besser einen Durchmesser von 75 Zentimetern. Vor dem Kauf sollte man unbedingt probesitzen. «Wenn man darauf sitzt und die Füße fest auf dem Boden stehen, sollten die Oberschenkel leicht nach unten fallen, die Hüften sind etwas höher als die Kniegelenke, der Oberkörper ist leicht nach vorn gelagert», erklärt Kuhnt.
Durch den Luftdruck lassen sich Gymnastikbälle noch ein wenig an die Körpergröße anpassen. Der Experte für Rückengesundheit rät zu Anti-Burst-Bällen, also Bällen, die nicht so leicht platzen. Ein weiterer Hinweis auf die Sicherheit: das Tüv-Siegel. Ein Gymnastikball kostet zwischen 10 und 40 Euro.
Übungen mit dem Gymnastikball
Auf- und Absetzen: Grundposition ist das Sitzen auf dem Ball. Man steht dann mehrere Male kontrolliert auf und setzt sich wieder hin. Diese Übung regt das Herz-Kreislauf-System an und fördert Koordination und Gleichgewichtssinn.
Plank: Beim Aufstützen auf den Ball trainiert man den ganzen Körper. Man kniet hinter dem Ball und stützt die Arme auf ihm ab. Die Arme sind dabei angewinkelt. Dann werden die Knie angehoben. Diese Übung funktioniert auch in Seitenlage.
Crunch: Bei dieser klassischen Bauchübung liegt man mit dem Rücken auf dem Ball. Die Beine stehen angewinkelt auf dem Boden. Der Oberkörper wird leicht angehoben und gehalten.
Brücke: Man liegt auf dem Rücken, die Fersen sind auf dem Ball, Schultern und Arme liegen auf dem Boden. Die Handflächen zeigen nach oben. Dann wird das Gesäß angehoben. Der Rücken sollte gestreckt bleiben.
Kniebeugen: Man greift den Ball und macht Kniebeugen. Der Ball wird dabei mit ausgestreckten Armen über den Kopf gehalten. Das stärkt Beine, Po, Arme und Rumpf.
Beckenuhr: Man sitzt auf dem Ball und kreist das Becken. Dabei stellt man sich vor, man säße auf einem Zifferblatt. Das Becken wird dann sanft nach zwölf, nach drei, nach sechs und nach neun bewegt. Diese Übung fördert die Körperwahrnehmung.
Fotocredits: Tobias Hase,Ulrich Kuhnt,Ulrich Kuhnt,Ulrich Kuhnt,Ulrich Kuhnt
(dpa/tmn)
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